Montag, 24. August 2009

Haus ohne Blitzableiter: Haftet Eigentümer für Schäden?

Abstürzender Schornstein kracht auf parkendes Auto
Gewitterzeit ist Schadenzeit, weiß nicht nur die Versicherungswirtschaft. Der folgende Fall erweckte unsere Aufmerksamkeit. Wir wissen um die Problematik aus vielen Fällen von unseren Kunden und möchten Ihnen den Sachverhalt kurz schildern. Ziehen Sie bitte Ihre eigenen Schlüsse!

Ein heftiges Sommergewitter tobt über einer dicht bewohnten Hanglage mit hohem Verkehrsaufkommen. Ein älteres Gebäude, 1968 erbaut, überragt mit ca. 20m Bauhöhe die umstehenden Gebäude und verfügt über keinen Blitzschutz!
Der Blitz findet seinen Weg zum Schornstein des Hauses und schlägt dort ein. Herabfallende Bauteile und Trümmer treffen ein Fahrzeug, das ordnungsgemäß vor dem Haus abgestellt worden war und beschädigen es erheblich.
Der Fahrzeughalter muss seine Vollkaskoversicherung einschalten, die die Reparatur und die Sachverständigenkosten übernimmt, abzüglich des Selbstbehaltes natürlich. Nach der Regelung wird der Autobesitzer zurückgestuft und die Prämie wird erhöht.
Sie ahnen es: Der Halter des betroffenen Fahrzeuges verklagt den Eigentümer des beschädigten Hauses auf Erstattung des KFZ Schadens. Begründung: Da ein Blitzableiter fehle, liege eine mangelhafte Errichtung des beschädigten Gebäudes vor. Des Weiteren erhebt er den Vorwurf, gegen geltende Bauordnung verstoßen zu haben und obendrein den betroffenen Schornstein nicht hinreichend begutachtet und gewartet zu haben.
Der Kläger macht eine Wertminderung des beschädigten Wagens geltend, den Nutzungsausfall, die Reparatur und den Selbstbehalt. Das Gericht wird im Rahmen der Klage gebeten, zu prüfen, ob den Hauseigentümer nicht noch eine Ersatzpflicht hinsichtlich der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten und der erhöhten Versicherungsprämie treffe.
Das Amtsgericht wies die Klage zunächst ab, die Berufung vor dem Landgericht Frankfurt war jedoch erfolgreich (LG Frankfurt/Main, Urteil vom 24.09.2008, 2-15 S 108/08).
Die Begründung der Richter: Ein Verstoß gegen die Landesbauordnung liege zwar nicht vor, der so genannte Anscheinsbeweis spreche aber dafür, dass Baumängel ursächlich zum Schaden beigetragen hätten, da „ordnungsgemäß errichtete und unterhaltene Bauwerke normalerweise weder einstürzen noch Teile verlieren“. (vgl. u.a. BGH vom 04.04.2006, VI ZR 151/06, VersR 2006, 931, und vom 23.03.1993, VI ZR 176/92, VersR 1993, 759; Falandt/Sprau, BGB, 67. Auflage 2008, § 836 Rn. 9, Wagner in Münch. Komm. Zum BGB, Bd. 5, 4.Auflage 2004m § 836 Rn. 5f)
Nur bei Schäden, die durch außergewöhnliche Naturereignisse verursacht würden, so z.B. Orkane mit extremen Windstärken, könne man nicht zwangsläufig von Baumängeln als Ursache ausgehen, so die Richter. (BGB, Urteil vom 27.04.1999, VI ZR 174/98, VersR 1999. 1424). Gebäude müssen jedoch Einwirkungen, mit denen nach allgemeiner Erfahrung jederzeit zu rechnen ist, so Sturböen oder Gewitter, laut BGH aushalten können.
In dem vorliegenden Fall liege ein solches absolut seltenes Naturereignis allerdings nicht vor, so das LG Frankfurt. Blitzschläge sind Ereignisse, mit denen ein Grundstückseigentümer jederzeit rechnen müsse. Daher habe er auch entsprechende Vorkehrungen zu treffen, so wie die Beseitigung von Baumängeln oder die Installation eines Blitzableiters, um die Standfestigkeit seines Gebäudes gegen Einwirkungen von außen zu gewährleisten. Die Richter waren der Ansicht, dass solche Vorsorgemaßnahmen ohne weiteres umsetzbar und für Grundstückseigentümer durchaus wirtschaftlich zumutbar seien.
Der Hausbesitzer haftet wegen fehlerhafter Errichtung in vollem Umfang für die entstandenen Schäden am Kfz.

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